Zusammengefasst von Shanti Lawrence, Hebamme
Das primäre Adaptationssystem
Damit unser Körper gesund ist, braucht er die Fähigkeit, auf die stetigen Anregungen und Reize von innen (Körper und Psyche) und aussen (Umwelt/Beziehungen) zu reagieren. Gesundheit ist das Ergebnis der Dynamik zwischen Stress und Ressourcen (Stressbewältigung). Diese Anpassungsfähigkeit entscheidet darüber, ob wir uns im Eustress oder Distress befinden.
Eustress → „guter Stress“ → wirkt aktivierend, neue Ressourcen werden entwickelt → gute Anpassungsfähigkeit → Gesundheit.
Distress → „schlechter Stress“ → Ressourcen sind mangelhaft vorhanden → Körper tendiert zu Krankheit.
Um die Anpassungsfähigkeit zu gewährleisten, hat der Körper verschiedene instinktive und kognitive Systeme zur Verfügung. Ein instinktives System ist das primäre Adaptationssystem, es besteht aus folgenden drei Untersystemen:
· dem Hormonsystem
· dem Immunsystem
· dem zentralen Nervensystem (ZNS) / Urhirn (Primärhirn) – Prinzip der Psychoneuroendokrinoimmunologie (PNEI)
Jedes dieser Systeme hat verschiedene Aufgaben, sie beeinflussen sich gegenseitig und können voneinander bestimmte Funktionen übernehmen. Beispielsweise können einige Zellen des Immunsystems Hormone produzieren. Andererseits können Hormone als Neurotransmitter wirken und ermöglichen so die Kommunikation mit dem Nervensystem. Dieses wiederum wird durch das Hormon- und Immunsystem stimuliert. So entsteht aus drei verschiedenen Systemen mit einzelnen Aufgaben ein ganzes System, eine Art Ökosystem. Eine Dysfunktion in einem System wirkt sich auch auf die anderen beiden aus.
Das primäre Adaptationssystem entwickelt sich in den 18 perinatalen Lebensmonaten. Es legt die Grundbausteine für die drei Untersysteme, bestimmt über die Stresstoleranzgrenze und über die Qualität der reaktiven Antworten.
Stresstoleranzgrenze
Die Stresstoleranzgrenze bestimmt, wie wir mit Stress umgehen, wie viel Stress wir ertragen und bewältigen können ohne krank zu werden. Je höher die Stresstoleranzgrenze, umso mehr Ressourcen sind vorhanden, um eher Richtung Gesundheit zu tendieren. Nur schwere Stresssituationen (Reize) bringen den Körper aus dem Gleichgewicht. Solche Situationen können dann mit einem anderen Anpassungssystem, dem Kampf-Flucht-System, bewältigt werden. Je tiefer die Stresstoleranzgrenze, desto weniger Ressourcen sind vorhanden und umso mehr tendiert der Körper in Richtung Krankheit. Menschen mit einer tiefen Stresstoleranzgrenze empfinden einen Reiz, der von einem gesunden, stabilen Menschen als Eustress empfunden wird, als Distress. In dieser Situation kann das Kampf-Flucht-System nicht mehr weiterhelfen und es muss ein anderes Coping entwickelt werden um Spannungen abzubauen und nicht krank zu werden. (Schmid, 2015)
DIE ANPASSUNGSSYSTEME DES MENSCHEN
Zusammengefasst von Friederike Engelen, Hebamme
Die Stresstoleranzgrenze bestimmt, wie wir mit Stress umgehen, wie viel Stress wir ertragen und bewältigen können ohne krank zu werden. Je höher die Stresstoleranzgrenze, umso mehr Ressourcen sind vorhanden, um eher Richtung Gesundheit zu tendieren. Nur schwere Stresssituationen (Reize) bringen den Körper aus dem Gleichgewicht. Solche Situationen können dann mit einem anderen Anpassungssystem, dem Kampf-Flucht-System, bewältigt werden. Je tiefer die Stresstoleranzgrenze, desto weniger Ressourcen sind vorhanden und umso mehr tendiert der Körper in Richtung Krankheit. Menschen mit einer tiefen Stresstoleranzgrenze empfinden einen Reiz, der von einem gesunden, stabilen Menschen als Eustress empfunden wird, als Distress. In dieser Situation kann das Kampf-Flucht-System nicht mehr weiterhelfen und es muss ein anderes Coping entwickelt werden um Spannungen abzubauen und nicht krank zu werden. (Schmid, 2015)
1. Die physiologischen Anpassungssysteme werden vom Primärhirn geregelt und sichern das Überleben des Individuums und das der Art. Es bekommt Botschaften von innen (Körper) und von aussen (Umwelt) und reagiert unbewusst, unwillkürlich und instinktiv.
2. Reize von aussen bringen den Körper aus seinem Gleichgewicht, aber die Anpassungssysteme gewährleisten die Wiederannäherung an die Homöostase, bis wieder neue Reize auf ihn eintreffen.
3. Durch die kontinuierlichen Schwingungen zwischen Stress und Homöostase haben wir eindynamisches Gleichgewicht zwischen den zwei Polen, was uns die Fähigkeit ermöglicht, auf Reize von innen und aussen zu reagieren und gesund zu bleiben. Das den Stress regulierende Hormonsystem ist sehr komplex. Wie jemand auf eintreffenden Stress reagiert, hängt von der Ausgangssituation des primären Anpassungssystems und der individuellen Stresstoleranzschwelle ab. Die wichtigsten an der Stressdynamik beteiligten Hormone sind ACTH, Katecholamine, Cortisol, Beta-Endorphine, MSH, Prolaktin, Oxytocin. Ihre Ausschüttung kann zyklisch in Tages-, Monats- oder Jahresrhythmen erfolgen oder direkt als Resultat auf Reize.
4. Das primäre Anpassungssystem bildet die Grundlage unseres körpereigenen Gesundheitssystems und der Stresstoleranzschwelle. Also auch unserer Reaktionsfähigkeit! Haben wir ausgeprägten Disstress in der Entwicklungszeit, senkt sich die Stresstoleranzschwelle für das ganze Leben. Das primäre Anpassungssystem entwickelt sich in den 18 perinatalen Lebensmonaten durch das Zusammenspiel zwischen Hormonsystem, Nervensystem, und Immunsystem. Weil es sich so früh prägend entwickelt, formen wir hieraus die instinktive, emotionale, unwillkürliche, nonverbal Reaktionsfähigkeit im physiologischen Anpassungssystem und können über das psychosoziale Anpassungssystem dann auch die Orientierung, das Wissen unsere Verhaltensweisen, die verbale Kommunikation herausbilden.
5. Inneres Reaktionssystem: In der Wurzel des primären Anpassungssystems besteht das eigene kleine Ökosystem zwischen Hormonsystem (HS), Nervensystem (NS) und Immunsystem (IS). Sie kommunizieren miteinander und greifen ständig in ihrer Arbeit ineinander, indem sie sich gegenseitig unterstützen.
Nervensystem: wird durch HS und IS stimuliert, Nervenzellen produzieren auch Hormone. Es übersetzt Emotionen und Instinkte in dynamische physiologische Funktionen.
Immunsystem: Thymusdrüse produziert Thymosin. Knochenmark ist Teil des NS und produziert Leukozyten und Hormone. Milz enthält Nervenenden. TLymphozyten produzieren ACTH und Endorphine.
Hormonsystem: stimuliert oder hemmt die Organe des IS. Somatotropin erhält die Funktion des Thymus aufrecht. Insulin ist auch Neurotransmitter für die Kommunikation im NS.
Distress in der Perinatalzeit wie z.B. fruuhzeitige Impfungen, Hormongaben, Antibiotika, Stress durch medikamentöse Geburt, Nichtstillen, vorz. Abstillen usw. hat Auswirkungen auf alle drei Systeme und beeinflusst die Schwelle der Stresstoleranz und die Qualität der reaktiven Antwort auf Reize von innen wie auf aussen.
6. Das Kampf-Flucht-System dient dem Überleben des Einzelnen und dem der Art. Es beugt dem Entstehen von Disstress vor. Wir haben drei hauptsächliche Optionen, wie wir reagieren können: Kampf, Flucht, Todstellen (Ohnmacht). Wie wir im jeweiligen Moment reagieren, entscheiden wir instinktiv über das Hypothalamo- Hypophysäre System und seine Rückkoppelung mit der Nebenniere. Aus physiologischer Sicht ist die Reaktion auf Gefahr immer gleich:
Erregung: anregende Reize werden wahrgenommen → Sympathikus wird angeregt: Hypothalamus prod. ACTH, Alarmzustand wird ausgelöst → Nebenniere produziert: NN prod. Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin↓ Noradrenalin; Cortisol mobilisiert Glucose
↓Energieschub: Körper bereitet sich mit Glucosefreisetzung auf Aktion vor: → Glucose geht über die Blutbahn in Muskeln, Herz, Gehirn→ Durchblutung reduziert in Haut, Verdauung, Uterus, Brust, Niere
↓Aktion gezielt: Geist wach, Sinne geschärft
↓Abbau der Spannung: wenn die Aktion instinktiv und adäquat gegen die Gefahr gerichtet ist, kann sich die aufgebauteSpannung entladen und der Körper zur Homöostase zurück kehren! Die Entladung von Spannung wird in jedem Bereich zu einem der wichtigsten Punkte der salutogenetischen Betreuung!
7. So benötigen wir immer die zwei Hauptachsen im Körper: Kontraktion durch den Sympathikus mit der Cortisol-Katecholaminausschüttung und die Expansion durch den Parasympathikus mit den Endorphinen, Gonadotropinen und Oxytocin um die Dynamik der Gesundheit nutzen zu k.nnen. Und um sich an die Gegebenheiten zum Beispiel einer Schwangerschaft, Geburt, Mutterseins anzupassen und öffnen zu können.
„Kampf“ ist die Richtung zum Erfolg: Die Frau öffnet sich instinktiv zur physiologischen SS und Geburt, um die Gefahr zu überwinden. Die „Gefahr“ geht bei der Geburt vom Kind gegen das mütterliche Gewebe aus. Die Mutter empfindet „Angriff“ als Bedrohung und spürt Schmerz. Sie „kämpft“ mit ihren „Waffen“: öffnet sich dem Kind und der Situation, hat ihr Wissen um die Geburt, begibt sich in geschütztes Umfeld, nutzt Beziehungsanker, aktiviert den Parasympathikus für Oxytocinausschüttung. Die Mutter reagiert gezielt auf die „Gefahr“ mit: Körperbewegung, einem sich öffnenden emotionalen und verbalen Ausdruck, tiefer Entspannung in den Wehenpausen und mit der Annahme des Kindes.
„Flucht“ ist der Schutzmechanismus, wenn die Frau sich wehrlos, waffenlos, ohneAlternative fühlt. Sie verschliesst sich, der Öffnungsprozess, Ausdehnungsprozess ist gehemmt, der Sympatikus angeregt; die Gefässe verengen sich, Spannung baut sich auf; die öffnenden Hormone werden gehemmt; Geburtsstillstand oder erst gar kein Geburtsbeginn.
8. Fötales Anpassungssystem:
Indem der Fötus während der Schwangerschaft sein primäres Anpassungssystem ausbildet, ist er bestens vor Stress geschützt. Die Plazenta neutralisiert Katecholamine aus dem mütterlichen Blut. Vor Uteruskontraktionen und O2-Mangel schützen ihn MSH, Endorphine, Vasopressin. Noradrenalin schützt die fetale, lebensnotwendige Nebenniere in Akutsituationen. Während der Geburt als Vorbereitung auf die totale Veränderung und den grössten existenziellen Anpassungsprozess wird extrem viel Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, damit sich das Neugeborene an das Leben ohne die Plazentafunktionen anpassen kann.